Geheimnisumwoben

Das Geheimnis um den vierten, aber essenziellen Rohstoff, der zur Bierherstellung notwendig ist, wurde erst sehr spät gelüftet. Im frühen Mittelalter glaubte man bei der einsetzenden Gärung zuerst noch an ein Wunder; dann wurde die Wirkung der Hefe zwar erkannt, wissenschaftlich erforscht aber wurde sie erst Ende des 19. Jahrhunderts. Der Franzose Louis Pasteur und der Däne Emil Christian Hansen wiesen damals verschiedene Hefesorten nach, die sich zum Bierbrauen hervorragend eignen.

Kleine Zutat, große Wirkung

Ohne Hefe würde es kein Bier geben. Sie setzt im Gärprozess den Malzzucker, der im Malz enthalten ist, in Alkohol und Kohlensäure um. Das ist aber nur die Pflicht. In der Kür der Hefeleistung liegt die Entstehung von bis zu 300 flüchtigen und nichtflüchtigen sogenannten Gärungsnebenprodukten.

Diese sind für den Geschmack des Bieres verantwortlich und sorgen für den feinen Unterschied im Aromaprofil. Nicht jedes Weißbier riecht und schmeckt gleich fruchtig. Manche Weißbiere duften intensiv nach reifen Bananen und Melonen, andere erinnern an Muskatnuss oder Kräuter – für diese Nuancen ist die Hefe zuständig. Auch bei der Auswahl der Hefe sind daher die Erfahrung und das Wissen des Braumeisters gefragt. Er kann dabei aus einer Vielfalt von derzeit 200 zum Brauen genutzten Hefestämmen auswählen.

Brauer unterscheiden zwischen ober- und untergärigen Hefen. Untergärige Hefen (Saccharomyces pastorianus spp. carlsbergensis) arbeiten bei tiefen Temperaturen optimal, obergärige Hefen (Saccharomyces cerevisiae) werden erst bei höheren Temperaturen aktiv. Untergärige Hefen sinken an den Boden des Gärtanks, obergärige Hefen steigen auf und bilden beeindruckende Hefedecken. Untergärige Hefen finden tendenziell bei schlankeren Bieren Verwendung, etwa bei Pils, Hellem oder Export, obergärige Hefen dominieren die fruchtigeren Bierstile.

Sorgsam bewahrt

Brauereien schwören auf ihre eigenen Hefesorten, züchten und vermehren diese in den eigenen vier Wänden. Dennoch sichern sich die Braumeister ab und hinterlegen ihre Hefesorten sicher bei sogenannten Hefebanken. Dort ordern sie von Zeit zu Zeit immer wieder ihre Hefen nach, um sicherzugehen, dass die in der Brauerei weitergezüchteten Hefen so rein sind wie die Ursprungssorte. Wenn ein Brauer sich an die Entwicklung eines für ihn neuen Bierstils wagt, kann er bei den Hefebanken spezielle Hefen nachfragen, mit denen er das typische Aroma des gewünschten Bierstils erschafft.